Förderverein Ablachtalbahn e.V.

1. Warum (Hegau-) Ablachtalbahn?

Um die Klimaschutzziele zu erreichen, will das Land die Verkehrsleistung im öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV) verdoppeln. Hierzu hat das Land Baden-Württemberg u.a. Eine Reaktivierungsinitiative zur Wiederinbetriebnahme von Eisenbahnstrecken im Personenverkehr gestartet. Die Ablachtalbahn von Mengen nach Stockach bzw. Krauchenwies - Sigmaringen hat dabei ein hohes Fahrgastpotential mit 830 Pkm pro Streckenkilometer bescheinigt bekommen. Das Land beabsichtigt ab 750 Pkm / Streckenkm auch die dauerhafte Bestellung von Zugleistungen auf den reaktivierten Strecken, so dass nicht nur die Personenzüge ohne kommuanle Zuschüsse fahren, sondern die Betreiber der Schienenwege, die auch noch die Investitionskosten über die Trassengebühren refinanzieren können.

Quellen:
Ablachtalbahn – Stellungnahme zur Sitzungsvorlage
Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg

Das Land übernimmt grundsätzlich keine Bahnstrecken, sodass es einen alternativen Betreiber braucht. Das Land finanziert aber zu 100 % den Ausflugsverkehr ab Juli 2021 und den regelmäßigen SPNV ab voraussichtlich 2027 im Stundentakt und fördert die laufende Instandhaltung der Strecke mit 80 %. Ferner werden Investitionen in die Strecke vom Land zu 75 % oder vom Bund zu 90 % gefördert.

Um die Stilllegung zu vermeiden und die Strecke zu betreiben, bedarf es eines Eisenbahn­infrastruktur-Unternehmens (EIU). Mit der Stadt Meßkirch und der Gemeinde Sauldorf haben sich Betreiber-EIU gefunden, die die Bahnstrecke erhalten wollen und den Betrieb finanzieren, der mit Fördergeldern gefördert wird.

Die Bahnstrecke hat einen großen Vorteil im Pendler- und Schülerverkehr. Wer keinen Führerschein hat oder wenig finanzielle Mittel für ein Auto, dem bietet die Bahn größte Flexibilität! Gerade auch für den überregionalen Verkehr von Ulm nach Zürich bietet die Ablachtalbahn für Fernreisende viele Möglichkeiten.

Der Biber ist Teil der Region und der Namensgeber für die Ausflugszüge. Damit er den Bahndamm nicht beschädigt, wird er in diesem Bereich keine bzw. nur niedrige Dämme bauen können. Er hat etwas weiter entfernt vom Bahndamm viel Platz und sorgt durch seine Aufstauung für große Artenvielfalt in der Region.

Nein, die Planfeststellung beschränkt den Eisenbahnverkehr mitnichten nur
auf Güterzüge. Aus dem Verkehrsministerium BW heißt es: „Einer Änderung des
Plan­fest­stellungs­beschlusses (PFB) vom 9.12.1985 ist nicht notwendig, um auch das Verkehren von SPNV-Zügen zu ermöglichen. Bei einer eisenbahnrechtlichen
Planfeststellung handelt es sich regelmäßig um eine Bauplanfeststellung
und keine Betriebsplanfeststellung. Die Änderung der Nutzungsintensität ist
dabei grundsätzlich nicht planfeststellungsrelevant.

Ergo: Schienenpersonennahverkehr auf der Ablachtalbah ist genauso möglich wie Güterverkehr.

Bevor die Bahnstrecke für den planmäßigen Schienenpersonennahverkehr (SPNV) ausgebaut werden wird, erfolgt in einem mehrstufigen Verfahren eine detaillierte Kostenermittlung; darauf basieren wird dann eine standardisierte Nutzen-Kosten-Untersuchung vorgenommen. Nur wenn der Nutzen höher ist als die Kosten, kann ein Antrag auf Investitionskosten-Zuschüsse gestellt werden. Durch dieses Verfahren sich sichergestellt, dass keine unkalkulierbaren Risiken auftreten.

Die Stadt Meßkirch und die Gemeinde Sauldorf waren Auftraggeber der Machbarkeits­studie. Das Land finanzierte die Machbarkeitsstudie mit 75 %. Die
Gemeinden Mühlingen, die Stadt Stockach, der Landkreis Sigmaringen und Landkreis Konstanz beteiligten sich finanziell an der Studie in unterschiedlicher Höhe.

Ja, der RegioBus 600 wird am Bahnhof Meßkirch halten, sodass die Fahrgäste
direkt zum Campus Galli und wieder zurück zum Bahnhof gelangen.

Nein, es gibt zwischen Krauchenwies und Sigmaringen keine Biotope, die durch einen möglichen Neubau der Strecke beeinträchtigt werden könnten.

Die Wiederinbetriebnahme des Schienenpersonennahverkehrs auf der Ablachtalbahn steht den aktuell laufenden Planungen für die Umgehungsstraße B311 zwischen Meßkirch und Mengen nicht im Wege. Die Verbindungsstrecke Krauchenwies-Sigmaringen quert eine der möglichen  Umfahrungenen “B311 neu”, allerdings ist im Bereich der ehemaligen Bahnstrecke eine Straßenbrücke geplant (ehem. Bahnof Josephslust), unter welcher die Bahn, die dort parallel zur L455 verläuft, durchfahren kann.

Die Eigentümer und Betreiber der Strecke, Meßkirch und Sauldorf, finanzieren die Nutzen-Kosten-Untersuchung in Höhe von rund 500.000 € vor. Auch die Gemeinde Mühlingen beteiligt sich mit 30.000 € an der Untersuchung. Das Geld wird über Trassenentgeldeinnahmen den Kommunen zurückerstattet.

2. Bus oder Bahn?

Der Fahrkomfort und die Zuverlässigkeit des Zuges sind deutlich höher als im Bus. Alle Bahn­reaktivierungs­projekte zeigen eindrucksvoll, dass ein Zug eine deutliche höhere Akzeptanz hat als der Bus. So fahren auf der reaktivierten Seehäsle-Strecke Radolfzell – Stockach heute über 3.500 Fahrgäste pro Tag: Die vorherige Buslinie beförderte nur einige hundert Menschen/Tag, die Prognose vor der Reaktivierung lag bei nur 1.500 Fahrgästen.

Bus und Bahn dürfen nicht als „entweder-oder“ gegeneinander ausgespielt werden, sondern sind im Sinne eines sinnvollen „sowohl-als-auch“ gemeinsam fortzuentwickeln, um das Fahrgastpotential im ländlichen Raum optimal auszuschöpfen.

Die Ablachtalbahn bietet sich für eine schnelle, zuverlässige, überregionale Verbindung (Ulm / Sigmaringen – Meßkirch – Radolfzell - Konstanz - Zürich) an; der Bus für eine regionale Feinverteilung.

Die Busverbindungen werden an Bahnhöfen in Abstimmung mit einem möglichen SPNV gebündelt und dienen damit als Zu(g)bringer. Damit wird die Attraktivität von Bus und Bahn gesteigert. Busverbindungen, die parallel zur Bahnstreck verlaufen,  werden durch den Zug ersetzt, wodurch eine Kostenersparnis für die Kommunen möglich ist, denn der Zugverkehr wird zu 100 % von Land finanziert, der Busverkehr hingegen wird i.d.R. vom Landkreis finanziert.

Da für die Ablachtalbahn über 750 Personenkmpro Streckenkilometer prognostiziert werden, bestellt und bezahlt das Land den Schienenpersonennahverkehr auf der Ablachtalbahn. Bei Buslinien hingegen ist der Landkreis Aufgabenträger (und erhält ggf. Zuschüsse zu den Betriebskosten). Damit wird klar, dass durch eine Reaktivierung des Schienenpersonennahverkehrs auf der Ablachtalbahn die Kommunen entlastet werden, denn der kommunal finanzierte Busverkehr wird teilweise durch landesfinanzierte Züge ersetzt.

Die Kommunen können mit den dort gesparten Mitteln bessere Zubringerverbindungen umsetzen – damit wird das Gesamtsystem ÖPNV aus Bus und Bahn weiter gestärkt.

Quelle: Ablachtalbahn – Stellungnahme zur Sitzungsvorlage

3. Finanzierung der Strecke

Die Betreiber der Strecke, Meßkirch und Sauldorf, finanzieren zunächst einmal die Strecke, erhalten aber mit Fördergelder mit 75 % bis zu 96 % für Instandhaltung und Investitionen der Strecke. Die darauf fahrenden Personenzüge (SPNV) finanziert das Land BW zu 100 %.

Bei Bundes-, Land- und Kreisstraßen tragen die Gemeinden und Städte keinerlei BÜ-Investitionskosten.

Nach einer Novelle des Eisenbahnkreuzungsgesetzes vom 3.3.2020 beträgt der Anteil des kommunalen Straßen­baulastträgers nur noch 1/6 der Kosten für die Bahn­übergangs­sicherung an DB-Strecken (betrifft die beiden Bahnübergänge in Mengen).

Für Bahnübergänge an nicht-DB-Strecken in Baden-Württemberg tragen die Kommunen nur 1/12 der Gesamtkosten. Der Rest wird über Landesmittel und durch die Ablachtalbahn finanziert. Bei Gesamtkosten von z.B. 180.000 € wäre der gemeindeeigene Anteil nur 15.000 €.

Aufgrund der bisherigen Zielverfehlungen im Verkehrssektor hat der Bund die Förder­mittel des Bundes für Maßnahmen zur Verlagerung von Verkehr auf den ÖPNV im Rahmen des Gemeinde­verkehrs­finan­zierungs­gesetzes (GVFG) auf 2,0 Mrd. € versechsfacht und gleichzeitig die Begrenzung auf Ballungsräume aufgegeben. Damit können erstmals auch Maßnahmen „in der Fläche“ gefördert werden. Der Zuschussatz beträgt 90 %.

Das Land hat ebenfalls die Mittel des Landes-GVFG verdoppelt und erstellt derzeit eine ÖPNV-Strategie 2030 für das ganze Land. Ziel dieser Strategie ist eine Verdoppelung der Nutzung von Bus und Bahn in ganz Baden-Württemberg als einen Baustein, die Klimaziele im Verkehrssektor zu erreichen. Der Landes-GVFG-Zuschussatz beträgt 50 bis 75 %.

Zunächst ist SPNV immer ein Zuschussgeschäft, auch beim Seehäsle und sogar in Ballungsräumen: Vor allem aber ist zu betonen, dass gemäß Hochrechnung des Landesgutachtens auf der Ablachtalbahn das Fahrgastaufkommen bei > 750 Personenkm/Strecken-km läge, so dass das Land den SPNV-Zugverkehr bestellen und somit zu 100 % finanzieren würde.

4. Betrieb der Ablachtalbahn

Bei der Wiederinbetriebnahme wird schrittweise vorgegangen und dabei ein
Low-Cost Ansatz verfolgt:

    1. Als erstes sind Instandsetzungsarbeiten und technische Inspektionen an der Reihe. Dazu gehören die Vegetationspflege, die Erneuerung der Bahnübergänge und die Überprüfung der Gleislage. Die Kosten belaufen sich auf ca. 350.000 €, wobei davon je nach Maßnahme 50 % bis 80 % vom Land gefördert werden.

    2. Seit Juli 2021 fährt an Sonn- und Feiertagen ein Ausflugsverkehr, der neben dem Güterverkehr den kommunalen Betreibern Trassenentgelte einbringt (vergleichbar mit "Mauteinnahmen).

    3. Parallel wurde eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben, die den Ausbau und die Fahrgastpotentiale für einen regelmäßigen (mindestens stündlichen) SPNV untersuchte. Diese fiel im Juni 2023 positiv aus, der Nutzen übersteigt die Kosten um 38 %. Die Studie bestätigt somit einen Stundentakt auf der Ablachtalbahn.

    4. Als dritter und letzter Schritt wird eine Nutzen-Kosten-Untersuchung die Details zur bereits 2023 positiv veröffentlichten Machbarkeitsstudie prüfen. Wenn die Nutzen-Kosten-untersuchung den stündlichen SPNV mit einem positiven Kosten-Nutzen Verhältnis bewertet, wird das Land den stündlichen SPNV bestellen, sobald die Strecke mit einem Invest von ca. 75 Mio. € instand gesetzt wurde.

Quelle: Präsentation “Unter regionaler Regie in die Zukunft -Ablachtalbahn” von Frank von Meißner.

Das Land wird den Ausflugsverkehr bei einem Eisenbahnunternehmen bestellen und bezahlen. Des weiteren können Güterzüge für den Holz- oder Kiesverkehr fahren; die Strecke steht jedem Eisenbahnverkehrsunternehmen gegen ein Nutzungsentgelt offen. Auch Museumsbahnen dürfen die Ablachtalbahn befahren.

Seit Juli 2021 fährt ein saisonaler Ausflugszugverkehr an Sonn- und Feiertagen zwischen Radolfzell/Stockach und Mengen unter dem Motto: “Biberbahn — Mit dem Biber durch drei Ländle”.  Mehr Informationen unter biberbahn.de.

Die Biberbahn-Ausflugszüge fahren an Sonn- und Feiertagen dreimal am Tag zwischen Stockach und Mengen. Der mögliche regelmäßige SPNV ab ca. 2031 wird im Stundentakt fahren.

Die Ablachtalbahn bietet sich für eine schnelle, zuverlässige, überregionale Verbindung (Ulm / Sigmaringen – Meßkirch – Radolfzell - Singen - Zürich) an. Damit bietet die Ablachtalbahn eine Alternative zur Südbahn und zur Gäubahn zwischen den Fernverkehrsknoten Ulm/Zürich. Das Betriebskonzept wird im Rahmen der SPNV-Machbarkeitsstudie erarbeitet.

Für die Biberbahn gilt, dass der Zug dort hält, wo die entsprechende Gemeinde einen Bahnsteig baut und sich an den Kosten der Bahnstrecke beteiligt. Aktuell sind das Sauldorf mit Bichtlingen, Meßkirch mit Menningen-Leitishofen und 2024 auch Mühlingen. In Stockach und Mengen wenden die Züge jeweils.

Für den geplanten SPNV ab ca. 2031 im Stundentakt wird das Fahrplan- und Betriebskonzept noch erarbeitet.

Die Ablachtalbahn hat vielfältige Potentiale im Schülerverkehr, aber auch z.B. für Pendler: Per Bahn wären es vsl. rund 40 Min umsteigefrei von Meßkirch nach Radolfzell. Das bietet sich sogar fürs Pendeln an. Aufgrund der enormen Immobilienpreise am Bodensee besteht eine deutliche „Landflucht“ in das Hinterland des Bodensees — vielleicht einmal bis hoch nach Meßkirch und weiter hinaus.

Der Güterzugverkehr wird ausgebaut, wird aber weiterhin moderat sein. Wie bisher wird die Firma Tegometall ca. 2 Mal pro Woche bedient, hinzu kommen einige Holz- oder Kieszüge pro Monat und gelegentlich Umleitergüterzüge.

5. Beitrag zum Klimaschutz

Die Bundesregierung aus CDU/CSU und SPD hat zur Umsetzung der Pariser Klima­schutzziele einen Klimaschutzplan 20501 erstellt, der bis 2030 eine Minderung der CO2-Emissionen im Verkehrssektor um 40-42% gegenüber 1990 vorsieht.

Das Klimaschutzgesetz des Landes Baden-Württemberg2, das kürzlich von der Koalition Grüne/CDU verschärft wurde, sieht ebenfalls eine Reduktion bis 2030 um 42% vor. Der Verkehrssektor hat jedoch in den letzten Jahren keinen Beitrag zur CO2-Minderung geleistet, vielmehr beträgt der Anteil des Verkehrssektors an den CO2-Emissionen inzwischen 30%, seit 1990 gab es in Baden-Württemberg einen Anstieg der verkehrs­bedingten CO2-Emissionen um 11,9%3. Das Ziel, bis 2030 ei- ne Reduktion um 42% gegenüber 1990 zu erzielen, bedeutet eine Halbierung der Werte von 2020 in den nächsten 10 Jahren, nachdem in 30 Jahren keine Reduzie- rung gelungen war. Dies zeigt die Notwendigkeit von größeren Veränderungen!

Quellen:
Ablachtalbahn – Stellungnahme zur Sitzungsvorlage
Klimaschutzplan 2050
Klimaschutzgesetz Baden-Württemberg (KSG BW)

Die Effizienz des Schienenverkehrs und damit die Sinnhaftigkeit von Reaktivierungen kann auch durch folgende Zahlen abgeschätzt werden: Ein im Jahr 2020 neu zugelassener PKW hat durchschnittlich 165 PS (121 kW). Zum Vergleich hat ein auf der Strecke Stockach – Radolfzell eingesetzter Dieseltriebwagen 514 kW Antriebsleistung – d.h. 5 neue PKW haben heute mehr Leistung als ein Triebwagen mit 72 Sitzplätzen. Dabei ist ein PKW im Schnitt nur mit 1,467 Personen belegt. Damit zeigt sich auch, dass ein Ausflugsverkehr ökologisch nachhaltig ist, wenn ein attraktives Angebot mit dem Bahnverkehr ermöglicht wird.

Quellen:
Ablachtalbahn – Stellungnahme zur Sitzungsvorlage
Tagesschau Bericht
Bundestag Presse Bericht 

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